Der Brunnen der Burg Lichtenberg

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Besondere Beachtung verlangte stets der Brunnen einer Burg. Ohne verfügbares Trinkwasser war eine Burg nicht bewohnbar und nicht zu halten. Im Belagerungsfall sicherte der Brunnen oder eine Zi­ster­ne das Überleben! Das wuss­ten auch die Angreifer. Brun­nen­ver­schmut­zungen mussten auf jeden Fall verhindert werden, so dass auch die Reinigungen mit der größten Sorgfalt durchgeführt wur­den. Versuche der Belagerer mit Hilfe von Wurfmaschinen das Brunnenwasser mit Fäkalien, Tierkadavern oder gar Leichen getöteter Gegner zu vergiften, waren ein oft durchaus er­folg­rei­ches Mittel, die Belagerten zur Aufgabe zu zwingen

Altes Brunnenhaus, das von bösen Buben am 23. Oktober 1993 abgebrannt, danach jedoch nicht wieder ersetzt wurde

An der nordöstlichen Brun­nen­mau­er finden Sie einen Schalter für eine Lichtquelle, die Ihnen die Sicht in den Brunnen ermöglicht. Das Licht wird nach einer ge­wis­sen Zeitspanne automatich ab­ge­schal­tet.

Wenn man die Tiefe der Burg­brun­nen betrachtet, so war ihre Anlage teilweise eine tech­nische Meis­ter­lei­stung und verlangte berg­män­nisches Können von Fachleuten. So wurde auch der Brunnen der Burg Lichtenberg tief in den schräg einfallenden Unteren Muschelkalk geteuft. Das Grundwasser wurde von der Höhe des Berges erst in großer Tiefe erreicht. Während aber die Brunnentiefe 1957 noch mit 60,7 m angegeben wurde, ergab eine erneute Messung im Jahre 1991 nur noch eine Tiefe von rund 57 m. Die genaue Brun­nen­tiefe ist derzeit also unbekannt. Zu den unterschiedlichen Mes­sungen gibt es jedoch eine (nicht allzu ernst zu nehmende) Erklärung.

In den 34 Jahren zwischen den beiden Messungen sind eine Viel­zahl von Besuchern auf die Burg gekommen. Sie alle wollten die Tiefe des Brunnens wissen und selbst ermitteln. Das funktioniert, indem man einen Stein hinein wirft und die Zeit bis zum hörbaren Auf­schlag misst. Die Tiefe ermittelt man dann mit folgender Über­schlags­rech­nung:

Tiefe (m) = 5 * Zeit(s) * Zeit(s).

Nicht sehr genau aber über­schlags­mäßig akzeptabel. Die Zeit, die der Schall bis nach oben benötigt, wird in dieser Rechnung nicht berücksichtigt, was aber vernachlässigt werden darf! Für eine Tiefe von ca. 61 m würde man ungefähr 3,5 s messen (3,5 * 3,5 * 5 = 61,25 m). Probieren Sie es aus! Und genau das könnte ein Grund dafür sein weshalb in den 34 Jahren die Tiefe abgenommen hat: der Brunnen wurde mit Stei­nen der Besucher beständig auf­ge­füllt. 4 m in 34 Jahren - jedes Jahr etwa 12 cm!

Da der Brunnen keine was­ser­füh­ren­den Schichten schneidet, kann als erste wasserstauende Schicht nur der Röt (Oberer Bund­sand­stein) angenommen werden, der in einer Tiefe von ca. 120 bis 150 m (gemessen von der Höhe der Bergspitze 241 m ü NN) nach­ge­wie­sen ist, in Frage. Dies würde jedoch bedeuten, dass der Brun­nen noch weitaus tiefer war als er es jetzt zu sein scheint und ggf. im Lauf der Zeit in der größeren Tiefe durch Ruinenschutt, Geröll oder ähnliches aufgefüllt worden ist.

Zwar sind in Deutschland zahl­rei­che Burgen bekannt, die Tief­bru­nnen von mehr als 150 m besaßen oder noch besitzen (z.B. die ehe­ma­li­ge Reichsburg Kyffhausen, 176 m, die Festung Königstein in Sachsen, 152 m, und der ver­schüt­te­te Brunnen der Burg Regenstein bei Blankenburg im Harz, 197 m) doch muss für die Burg Lich­ten­berg angenommen werden, dass ihr Brunnen mit der notwendigen Tiefe erst in späteren Jahr­hun­der­ten fertig gestellt wurde. Ein ge­nau­er Zeitpunkt ist nicht bekannt.

Im 12. Jh gab es noch kaum eine Technik, derartige Tiefen wie sie hier erforderlich waren, zu er­rei­chen. Ebenso standen nur wenige Fachleute aus dem Bergbau für eine derartige Aufgabe zur Ver­fü­gung, und wenn, sich dann sicher auch teuer bezahlen ließen. Was­ser wurde daher in der ersten Zeit der Burg wohl in einfacher zu bauenden Zisternen gesammelt. Ggf. besaß der jetzige Brunnen im 12. Jh. eine nur geringe Tiefe mit der Funktion einer Zisterne.

Ein schwer zu lösendes Problem beim Brunnenbau mit großen Tie­fen, wie sie hier vonnöten waren, war die ausreichende Versorgung der in der Tiefe arbeitenden Men­schen mit dem nötigen Sauerstoff (Sauerstoff wird durch das aus­ge­at­mete CO2 verdrängt), da eine Durchlüftung mit einem zu­sätz­li­chen Belüftungsschacht nicht möglich war. Wie haben die da­ma­li­gen Brunnenbauer das bloß geschafft?

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